Mittwoch, 28. April 2021

John Sinclair 2231 - Die Frau, die mich zum Wahnsinn trieb

Geschrieben von Jason Dark
Erschienen am 13.04.2021
Cover von Timo Wuerz

Immer wieder traf ich auf Gegner, die alles oder nichts wollten. Frauen waren ebenso gefährlich wie Männer, und das sollte ich noch mal explizit erleben. Die Frau hieß Urania Waldo, und sie beherrschte perfekt die Macht der Telekinese. Und die setzte sie gerade gegen mich und meine Freunde ein ...

John wird auf eine telekinetisch begabte Dame angesetzt und soll die Hintergründe zum Fall aufklären. Diese stirbt jedoch bei seinen Ermittlungen als er in  Notwehr gegen deren Kräfte vorgehen muss. Doch die Telekinetin ist nicht allein. Und so wird er Mittelpunkt des Rachefeldzuges der Schwester des Opfers. Und diese hat sich vorgenommen, Sinclair nicht nur zu töten, sondern vorher in den Wahnsinn zu treiben.

Ich greife ja, wie in der Rezension zum letzten Heft angedeutet, immer seltener zu den neuen Beiträgen von Jason Dark. Doch die Neugier treibt mich immer wieder dazu, dem Kultautor eine Chance zu geben. So auch in diesem Fall. Und wie ebenfalls schon erwähnt, wundere ich mich immer wieder, wie er es schafft, den Leser zu ködern. Helmut Rellergerd betonte bereits in vielen Interviews, dass er wie ein Regisseur an das Schreiben eines Romans herangeht und den Leser in eine Szene versetzen möchte. Und genau darin liegt die Stärke und sein Erfolg. Er erschafft bildhafte Szenen mit einfachen Sätzen und Beschreibungen, die dann schnell und eindrücklich beim Leser Kopfkino erzeugen.

Dennoch habe ich während seiner heutigen Romane immer wieder das Bedürfnis im Kopf zu lektorieren. Sperrige Sätze, Wort- und Sinnwiederholungen und ewig gleich erscheinende, unnatürliche Dialoge machen es mir als Leser und Fan nicht leicht. Den Höhepunkt erlebte ich zuletzt bei Heft 2166 „Darknet-Zombies“. Denn da wurde es stilistisch und erzählerisch grenzwertig und wirkte wie der  Schulaufsatz eines Kindes. Dieses Empfinden schwankt oft während seiner aktuellen Romane. Mal wirkt es besser, mal kaum erträglich. Aber dann bleibt noch die Geschichte und die Spannung, die dennoch rüberkommt und seine Erfahrung und seinen schier unendlichen Ideenreichtum zeigt. 

Und auch im vorliegenden Roman geht es erzählerisch gut los und ich bin gespannt auf die Geschichte. Dann verliert sich die Freude aber schnell wieder. Denn den einzigen den Jason Dark mit Urania Waldo in den Wahnsinn treibt, ist der Leser. Ihre Penetranz zeichnet sich alleine dadurch aus, wie oft sie sagt, dass sie Sinclair in den Wahnsinn treiben wird. Ihre stümperhaften Taten tun dies allerdings nicht.

Und so ist auch das Ende mager und es bleibt bei einer eher belanglosen Episode die mir nur zwei Sterne für den guten Willen entlocken kann. Und davon geht ein Stern noch an das geniale Cover von Timo Wuerz.
⭐️⭐️

Samstag, 24. April 2021

Professor Zamorra 1223 - Das Haus des Mister Blood - von Simon Borner

Geschrieben von Simon Borner
Erschienen am 13.04.2021
Cover von Dirk Berger

Das alte Haus von Hangman’s Hill!Nacht liegt auf seinen Mauern, Dunkelheit haftet an seinen Decken und Böden. Die leeren Fenster starren ins Nichts wie die Augen hirntoter Zombies.Nichts rührt sich hier. Nicht einmal der Wind wagt sich ins Innere des Gebäudes, um die mit staubigen Laken abgedeckten Möbel zu berühren oder mit dem alten Kronleuchter zu spielen. Selbst die Ratten machen seit gefühlten Äonen einen Bogen um das verfallene alte Haus. Sie wissen, warum. Jeder in Clifton Falls weiß es. Nur...

Simon Borner ist ein immer Garant für außergewöhnliche Heftromane und gute Ideen zu Schauplätzen und Hintergründen. Seine aktuelle Idee, den Roman filmhaft zu gestalten und in „Leinwänden“ zu unterteilen, ist allerdings nicht neu. Bereits beim Maddrax-Roman „Im Maar der Dämonen“ hat er einmal die Kapitel drehbuchartig gestaltet und damit einen weiteren, innovativen Heftroman abgeliefert.

Der vorliegende Zamorra ist aber gleichzeitig auch eine Hommage an den Horrorfilm mit vielen schönen Klischees und Querverweisen zum Genre. Die Darsteller haben zum Beispiel die Nachnamen von Horror- Regisseuren und die Legende des Mister Blood bietet alles was auch ein Teenie-Horror-Film zu bieten hätte. 

Der Autor verfolgt aber auch einen ganz anderes Ziel mit seiner Geschichte und diesem Roman. Und das hat mich echt überrascht. Ein großer Gegenspieler zieht seine Fäden im Hintergrund und das über etliche Zamorra-Romane hinweg, die scheinbar keinen Zusammenhang aufgewiesen hatten. Dies gilt vor allem für Borners letzte Romane wie zum Beispiel die Rom-Romane oder die Handlung um Roggenbuk. Und Nicole und Zamorra dämmern nun langsam diese Zusammenhänge. Dämonen und Spukgestalten aus Legenden manifestieren sich in der Realität und machen sich in diesem Fall die neugierigen Teenager zunutze. Dies erinnert ebenfalls an Freddy Krüger, den Boogeyman und Co. Ein weiterer großer Trend im aktuellen Horrorfilm folgt diesem Phänomen, das Simon Borner aufgreift. Paranormale Figuren wie z.B. der Slender Man werden durch einen Internet-Hype verbreitet und dadurch letztendlich als real wahrgenommen. Und bei Zamorra hat diese Entwicklung einen scheinbar großen Hintergrund noch auf eine Auflösung wartet. Großartiger Beitrag von Simon Borner. Fünf Sterne für einen Heftroman im Blockbusterformat.

⭐️⭐️⭐️⭐️⭐️

Professor Zamorra 1222 - Die Stadt der Untoten - von Veronique Wille

Geschrieben von Veronique Wille
Erschienen am 30.03.2021
Cover von Timo Kümmel

Die Häuser und Straßen der alten Hafenstadt waren in ein unwirkliches Licht gehüllt. Alles wirkte verlassen und leer, so als würde hier schon seit Jahren oder Jahrzehnten niemand mehr wohnen.
Von weither erklangen plötzlich klagende Laute. Als ob ein ganzer Chor seine Trauer und sein Leid hinausschrie.
„Hörst du das auch, chéri?“
Zamorra nickte. „Ich habe selten etwas Schaurigeres vernommen ...

Eine Reise nach Wismar zum Drehort des Meisterwerks „Nosferatu“ von Friedrich Wilhelm Murnau wird für eine Gruppe junger Leute zum Horrortrip. Eine unheimliche Macht verwandelt die Stadt in einen lovecraftschen Alptraum und erweckt den Film und seinen Hauptdarsteller zum Leben. Diese tolle düstere und mystische Atmosphäre vermittelt der Roman von Veronique Wille zu Anfang und schafft damit eine große Spannung und extreme Neugier auf die Auflösung und die Hintergründe zur geschilderten Situation in der sich Maren und ihre Freunde wiederfinden.

Leider wird es im Verlauf des Romans etwas zu abstrus und sehr verwirrend gegen Ende. Die Auflösung mit programmierter Wirklichkeit oder virtueller Welt sagte mir auch nicht so sehr zu. Da hätte ich mir etwas originelleren und weniger modernes, das besser zum Film von 1922 gepasst hätte gewünscht. Etwa ein zum Leben erweckter Nosferatu oder ein unsterblicher Max Schreck der die Kontrolle über die Realität übernommen hat. Und warum der Epilog um Kelan von Adrian Doyle auf eineinhalb Seiten am Ende noch reingepackt wurde, der so gar nichts mit dem Roman zu tun hatte (oder doch?!) bleibt mir schleierhaft. Für einen wahnsinnig starken Anfang, eine gute Grundidee, aber ein schwaches Ende gibt es diesmal drei Sterne!
⭐️⭐️⭐️


John Sinclair 2230 - Des Bösen List - von Ian Rolf Hill

Geschrieben von Ian Rolf Hill
Erschienen am 06.04.2021
Cover von Shutterstock 

Als Mama die Höhle betritt, liegt Marylins Bruder Lucas reglos über ihrer Schulter.Sie lächelt beim Anblick ihrer Tochter, und auch Mary freut sich darüber, endlich wieder mit ihrer Mutter zusammen zu sein. Ihre Großeltern haben gesagt, Mama sei krank, doch das war gelogen. Wenn man krank ist, muss man schließlich im Bett bleiben. Und mit Sicherheit kann man dann keine Brüder durch die Gegend tragen.
Mary hat bestimmt eine Million Fragen, doch sie traut sich nicht, auch nur eine davon zu stellen. Sie bleibt mucksmäuschenstill, obwohl sie sehr friert.
Selbst als Mama den bewegungslosen Lucas auf den Steinklotz legt, sagt sie kein Sterbenswörtchen. Erst als sie ihr dieses komische, glibberige Ding in die Hände drückt, kann sie den Mund nicht mehr halten.
„Iiih, das bewegt sich, ja. Was ist denn das?“
„Das, mein Schatz, ist mein Herz, das ich der Großen Mutter zum Geschenk machen möchte.“

Im vorliegen Band der John-Sinclair-Reihe bringt Florian Hilleberg zu Ende, was mit Band 2182 „Herzblut“ begonnen hat und in Band 2220 „Im Namen der großen Mutter“ eine Fortsetzung erfuhr. Ich nenne es mal die „Lilith-Trilogie“. Oder die „Chronik der Familie Grey“. Beides passt und diese Story hat mich echt uneingeschränkt begeistert. Das war okkulter Horror, Familiendrama und vieles mehr. Mit extremen aber auch tragischen Charakteren die mir in Erinnerung bleiben werden. Zudem kommt hier mal wieder Father Ignatius zum Einsatz und beschert uns eine Exorzismus-Einlage. Ich habe bereits in der letzten Sinclair-Rezi erwähnt, dass dies eins meiner liebsten Horrorthemen ist. 

Aber im Mittelpunkt  steht die weitere Auseinandersetzung von Sinclair mit Lilith und das Schicksal der Grey-Kinder die nach dem Tod ihrer Killer-Mama Christine Grey in einem mysteriösen Heim landen. Mir ist beim Namen des Kinderheims zunächst tatsächlich nichts aufgefallen. Was danach kommt und wie sich der Kreis mit der Familiengeschichte schließt, ist genial! Wieder einmal serviert Ian Rolf Hill mit dem Schicksal der Kinder starken Tobak, der einem an die Nieren geht. In diesen Themen ist er einfach stark. Und am Ende werfen mit Pandora ganz nebenbei große Ereignisse ihre Schatten voraus. Davinas tragisches Schicksal und der Verlust ihrer Lieben macht sie zur Märtyrerin im Kampf gegen Lilith. Ich bin sehr gespannt wie es diesbezüglich in der Serie weitergeht. Fünf Sterne für diesen Wahnsinns-Trip mit den Grey’s!
⭐️⭐️⭐️⭐️⭐️

John Sinclair 2229 - Hexenasche - von Oliver Müller

Geschrieben von Oliver Müller
Erschienen am 30.03.2021
Cover von Shutterstock

Jessica Wallingham saß mit angewinkelten Beinen auf dem dreckigen Stroh, das ihr als Nachtlager diente. Es war faulig und stank erbärmlich, ebenso wie der Eimer in der Ecke, den man ihr für ihre Notdurft gelassen hatte. Als man sie in die Zelle gebracht hatte, hätte sie nicht gedacht, dass sich ein Mensch an so etwas gewöhnen könnte. Doch nach Wochen in der Zelle nahm sie den Geruch ebenso kaum noch wahr wie das Fiepen der Ratten, mit denen sie sich die Kerkerzelle teilte.
Es war ihr egal. Dies war ihre letzte Nacht hier drinnen. Morgen früh würde man sie und ihre beiden Mitgefangenen aus der Zelle holen und zum Richtplatz fahren. Wenigstens brauchte sie sich das Gejammer der anderen beiden dann nicht mehr anzuhören ...

Meine letzte Sinclair Rezension liegt nicht annähernd solange zurück wie der letzte Beitrag von Oliver Müller zur Geisterjäger-Serie der gleichzeitig sein Debüt war. Seine Zamorra und Maddrax Romane animierten mich diesmal dazu, wieder mal einen Sinclair zu lesen. Ich bin nicht immer dabei. So sehr ich Herrn Rellergerd und sein Lebenswerk bewundere, lasse ich mittlerweile seine aktuellen Beiträge meistens aus. Seine Romane sind immer noch thematisch und inhaltlich packend, aber der Schreibstil wirkt immer öfter grenzwertig und nicht mehr zeitgemäß. 

Aber es geht hier um Oliver Müller, die Serie an sich, und den vorliegenden Roman. Und der ist eine Hexenstory ganz nach meinem Geschmack. Die Inquisition ist neben dem Exorzismus eines der Themen, die mich am meisten in der Horrorliteratur interessieren. Zunächst reisen wir im vorliegenden Band in die Vergangenheit und lernen Jessica Wellingham und ihre Geschichte bis zu ihrer Hinrichtung 1678 kennen. Ihr Bündnis mit dem Teufel soll sie vor diesem Schicksal bewahren. Das dies nicht in der Form erfolgt wie sich die Hexe das vorgestellt hat, ist Grundidee und Story dieses Romans. Und so kreuzen sich indirekt ihre Wege mit denen von Linda Escot und Nancy Lester in der Gegenwart. Die unheilvollen Aktivitäten rufen natürlich unseren Geisterjäger auf den Plan. Diesmal steht ihm erfreulicherweise neben Suko auch mal wieder Jane Collins zur Seite. Die Geschichte nimmt nach anfänglichem „Kenn ich schon!“-Eindruck einen doch unerwarteten Verlauf und die Story überzeugt. Oliver Müller ist mit „Hexenasche“ auch nach langer Abstinenz ein weiterer guter kurzweiliger Beitrag gelungen. Vier Sterne für gute Unterhaltung!
⭐️⭐️⭐️⭐️